Sven Garrecht gastierte in der Kulturkirche Oberaula
Wortgewandt und weltoffen
Oberaula – Ein Coup gelang der Initiative „KulturKirche Oberaula/GfO“ unter der Leitung von Hans-Heinrich Conradi und Volker Peter Schöne mit der Einladung des Musik-Kabarettisten Sven Garrecht. In erfrischender Reimform begrüßte Conradi nicht nur die fast 100 Gäste, die sich trotz des sonnigen Wetters am Wahlsonntag dicht in der ausverkauften Kulturkirche drängten, sondern auch den Seligenstädter Künstler Sven Garrecht. Dieser begann – lässig, mit runder Brille und Schiebermütze – sein Programm mit einem Mitsing-Loblied auf Oberaula: „Du sagst, du kennst den Kreis Schwalm-Eder, und was der hat, hat letztlich jeder. Dann glaub ich, dass daran was faul war, und du warst nie in Oberaula.“ An dieser Stelle war das Eis zum Publikum gebrochen und es folgte ein mehr als zweistündiges, sprachlich ausgefeiltes Feuerwerk aus nahezu allen Bereichen der Gesellschaft: Garrecht sprach über die Rückwärtsgewandtheit mancher Menschen, die stets meinen, dass früher alles besser gewesen sei. Das Gestern war besser als das Heute und das Heute besser als das Morgen, schlussendlich würde damit minütlich alles schlechter werden. Der Künstler schlussfolgerte somit, dass dieser Nachmittag in der Oberaulaer Kulturkirche zu den schönsten des zukünftigen Lebens der Zuhörer gehören müsse.
Mit einem überzeugenden Gespür für Sprache redete er über die Klänge des Sommers und überlässt es dem Zuhörer, ob die sommerlichen Geräusche von den fetten Grillen erzeugt werden oder ob diese entstehen, wenn die Fetten grillen. Ob der Kapitän der Titanic seinen Gästen eben noch schnell Alkoholisches anbot, mit der Bemerkung, dass das Eis heute aufs Haus gehe oder ob der „Kleinstadt-Tiger“, der seit 30 Jahren 40 ist, auf die 20-Jährige lauert, um mit ihr glücklich zu werden.
Stets erfreute Garrecht sein Publikum mit seinen Sprachspielen, die er hervorragend beherrscht. Er sang und erzählte, untermalt von den meist jazzigen Klängen seines Pianos und führte seine Zuhörer durch allzu Menschliches und Vertrautes. Auch ernste Themen griff Garrecht auf, er outete sich als katholisch und forderte die katholische Kirche auf, die „frohe Botschaft“ mit mehr Humor zu vermitteln.
Sie nähme sich zu ernst und das in einem Land wie Deutschland, wo bereits die Nationalhymne von Heiden (Haydn) sei. Er fuhr fort mit dem Titel „Mutwillig segnen“ und philosophierte über die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, gegen die man sich stemme, während man gleichzeitig Türrahmen im Januar, Kürbisse im Herbst sowie Waffen und Panzer segne.
Im „Heldenlied“ sprach er über die Gewohnheit und den inneren Schweinehund, den es zu überwinden gilt und endete mit der Feststellung, dass dabei bisweilen die richtige Haltung fehle: „Es geht nicht darum, wer die dicksten Eier hat. Es geht darum, wie man die Hühner hält, denn mit Haltung retten wir die Welt.“ Das begeisterte Publikum würdigte so viel Sprachwitz mit Standing Ovations.
Das Organisationsteam der Kulturkirche konnte mit dem Engagement von Sven Garrecht erneut seine Gäste begeistern. Diese dürfen gespannt sein auf die kommende Veranstaltung, die am 16. März stattfinden wird. Zu Gast wird dieses Mal Laura Ryhänen mit der finnischen Band Uusikuu sein, die den traditionellen Finntango mit neuem Leben füllen wollen. SUSANNE LULEY
Fotoserien
Sven Garrecht (SO, 23. Februar 2025)
Das Gedicht zur Begrüßung:
Fast wirkt er harmlos mit Grübchen und Schirmmütze,
kitzelt mit Scham bloß im Rübchen die Hirngrütze,
ballert dann los, um präzise wie‘n Hitman
am Keyboard sich fetzigen Rhythmen zu widmen.
Mit ihm ist ein Dichter und Barde im Haus,
der hemdsärm’lig, glaubwürdig, grade heraus
und fernab der üblichen Männerschablonen
‘ne Brücke baut zwischen den Generationen.
Dank eines Cocktails aus Tiefgang und Frechheit,
der Mut macht, der positiv auflädt in Echtzeit,
mit Liebe zum Wort und ‘nem Händchen zum Reimen
performt er vor Kennern, statt Ständchen in Heimen.
Marc Forster, nur ohne die Hipster Allüren‚
der Schwiegersohn-Liebling beschwipster Walküren,
ein Billy Joel jr., so schillernd wie farbecht,
belanglos war gestern, begrüßt ihn, Sven Garrecht!
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